Der Straßenbahn-Triebwagen TW 228

Hier fährt der Straßenbahn-Triebwagen TW 228 mit einem Beiwagen während einer Sonderfahrt zum ehemaligen "U-Bahnhof" unter dem heutigen Reiner-Dierichs-Platz (Bahnhofsvorplatz vor dem ehemaligen Hauptbahnhof, heute Kulturbahnhof) durch die Ottostraße in Kassel

Die von Gebr. Credé & Co. gelieferten Trieb- und Beiwagen bewährten sich bei der Kasseler Verkehrs-Gesellschaft AG (KVG). So kam es in den beiden Kriegsjahren 1940/41 zu einer weiteren Lieferung von 12 Triebwagen und 14 Beiwagen, welche sich nur in Details von den Lieferungen in den Jahren 1932 – 1937 unterschieden. Die Dächer waren jetzt im Bereich der Plattformen allseitig geschlossen und abgerundet, was zu einer Änderung der Frischluftzufuhr führte, nämlich nicht mehr über den Einstiegen (abgebildet beim Artikel zum TW 214 ), dafür jetzt über schmale Klappen unterhalb der auf dem Dach untergebrachten Widerstände zur Veränderung der Geschwindigkeit bzw. zum Bremsen. Die Schiebetüren konnten jetzt elektrisch geschlossen werden, die Antriebsleistung stieg auf 2 * 74 kW und die Leermasse auf 14.400 kg.

Bei den Motordaten ist feststellbar, dass gegenüber der Vorlieferung TW 214 nicht nur die Leistung von 2 * 60 kW auf jetzt 2 * 74 kW erhöht wurde, sondern auch die Nenndrehzahl (heute Bemessungs-Drehzahl). Dies geschah allerdings nicht proportional, sondern zur Erhöhung des Nenn-Drehmoments (heute Bemessungs-Drehmoment) von 780 Nm auf jetzt 822 Nm nur von 780 U/min auf jetzt 860 U/min. Das kann aufgrund der geringen Erhöhung der Leermasse und des zulässigen Gesamtgewichtes um nur je 100 kg erfolgt sein. Da aber auch die Anzahl der Fahrstufen im Ankerstellbereich von 11 auf 12 erhöht wurde, die im Feldstellbereich jedoch gleich blieb (siehe demnächst die detaillierten Angaben am TW 214, über QR-Code am Fahrzeug downloadbar), kann der Grund auch in einer Erhöhung der unbekannten Höchstgeschwindigkeit gelegen haben. Die Stirnrad-Übersetzung vom Tatzlagermotor auf die Treibachse blieb mit 13 : 67 Zähne = 1 : 5,15 ins Langsame gleich.  

Und hier ist der TW 228 zusammen mit einem Beiwagen vermutlich in der Endschleife am Bergpark Wilhelmshöhe oberhalb seines Betriebshofes

Ursprünglich sah man im Spitzenverkehr (z. B. vor Arbeitsbeginn, nach Arbeitsende) für Stehplätze 0,125 m2/Person vor (*1), also acht Fahrgäste pro Quadratmeter. Gut, dass es damals noch keine Corona-Pandemie gab, sie hätte verheerende Folgen für Kassel gehabt, denn außer den 20 Sitzplätzen hätten damals 70 Personen zuzüglich des Fahrers und des damals noch üblichen Schaffners Platz finden müssen. In der Tabelle unten sind die letzten auf der Fahrzeuggrundkarte eingetragenen Plätze verzeichnet, der Schaffner war entfallen.

Die Triebwagen TW 221 – 232 waren übrigens die letzten Beschaffungen im Krieg, danach ging es mit den ersten Einrichtungs-Fahrzeugen TW 251 – 255 im Jahr 1955 weiter. Von diesen existiert aber im TMK kein Exemplar, sie wurden in den Jahren 1971 - 1976 verschrottet. 

Nachfolgend eine Tabelle mit den erhaltenen technischen Daten:     

Hersteller Gebr. Credé & Co. Kassel-Niederzwehren
Baujahr 1941  
Länge über Puffer 10.910 mm
Aufbaulänge 10.390 mm
Breite 2.100 mm
Höhe ü. Schienen-Oberk.  3.900  mm
Achsabstand 2.800 mm
Spurweite 1.435 mm
Leermasse 14.400 kg
Stromsystem 600 V=
Leistung 2 * 74 kW
Höchstgeschwindigkeit ???  km/h
Motor-Nenndrehzahl 860 U/min
Stirnrad-Übersetzung 13 : 67 Zähne = 1 : 5,15 ins Langsame
Treibrad-Laufkreis-Ø 743 mm
1. Betriebsbremse Motorstrom auf Widerstände generatorisch
2. Betriebsbremse 4 * Schienenbremse je 4.000 kg     urspr. vermutl. Motorstrom,
später Oberleitungsstrom
Handbremse Feststellbremse arretierbare Kurbel
Sitzplätze 20 alle in Queranordnung
Stehplätze 34 0,25 m2/Person, inkl. Plattformen
in Betrieb bis ca. 1980, danach Arbeits- u. Museums-Triebwagen

Die Betriebsweisen des TW 228 (Anfahren und Beschleunigen / Fahren auf weitgehend ebener Strecke mit geringem Drehmomentbedarf / Abbremsen bis zum Stillstand) gleichen qualitativ in Allem denen der TW 110 und TW 214 und müssen daher hier nicht wiederholt werden. Selbstverständlich sind wegen unterschiedlicher Motor- und Getriebedaten sowie Treibraddurchmessern quantitative Unterschiede vorhanden, teils bedingt durch das Herstellungsdatum, teils durch den Fortschritt der technischen Entwicklung. 

Derzeit steht der Straßenbahnzug in unserem Depot und kann leider nicht besichtigt werden.

Foto in der Kasseler Ottostraße und Tabelle: Volker Credé, TMK

Foto in der Endschleife Wilhelmshöhe: G. A. Stör, Sammlung K. Baumecker 

Tabellenergänzung und Text: Wolfgang Dünkel, TMK 

Quellen und Empfehlungen:

  • Ein Jahrhundert Kasseler Nahverkehr – Aus der Geschichte des Kasseler Nahverkehrs, G. A. Stör und Mitarbeitende, Hrsg. Kasseler Verkehrs-Gesellschaft Aktiengesellschaft, Seite 119 – 120
  • Detaillierte Angaben zu allen Kasseler Straßenbahnen und zum ÖPNV finden Sie unter dem Link Tram - Kassel 

(last update 12.03.2023)

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