"Multimeter" für die "Telephonie & Telegraphie"
Wir haben zwar keine Belege hierfür, können es uns aber aufgrund der dokumentierten Entwicklungsgeschichte des Telefonwesens durchaus so vorstellen: Wohlhabende Bürger, Geschäftsleute, Landrat und Oberbürgermeister, der Pfarrer und nicht zu vergessen die Polizei hatten einen "Telephonapparat" der o.a. Behörde. Und wie heute versagte dieser auch mal seinen Dienst.
In Erscheinung trat also der uniformierte Beamte der kaiserlichen Telegraphenverwaltung und suchte nach dem Fehler. Rechts hatte er in seiner Uniformjacke an der Kette eine standesgemäße , vermutlich nur versilberte Taschenuhr, links sein "Kleines Drehspul-Amperemeter u. -Voltmeter in Taschenuhrform Typ Wzav" der Hartmann & Braun A-G aus Frankfurt am Main. Jetzt war Sorgfalt gefragt, denn Verwechseln beider "Uhren" half bei der Störungssuche nicht weiter! Aber diese Sorgfalt war ja auch von einem "Kaiserlichen Telegraphenbeamten", Dienstgrad leider unbekannt, ausdrücklich zu erwarten!
Und mit dem richtigen Instrument, also dem aus der linken Tasche der Uniformjacke, maß er zunächst mal die Spannung der Ortsbatterie, die mittlerweile vom nassen Leclanché-Element zur Trockenbatterie mutiert war. Denn mit eigenen Batterien in einer Holzkiste in der Nähe des Telephonapparates fing es an, die Zentralbatterie kam erst später (im Zeitalter des "na ja"-Voice-over-IP nach dem hervorragenden ISDN wurde auch die abgeschafft). Wie die leider beschädigte Gebrauchsanweisung im Deckel des Aufbewahrungskästchens darlegt, konnte man mit dem "Volt- u. Milliamperemeter Wzav" sowohl Spannungen bis 3 Volt als auch Ströme bis 300 mA messen.
Zur Prüfung einzelner Elemente der Ortsbatterie drückte man den unteren Spitzenkontakt des Wzav auf den Pluspol, mit dem leider nicht mehr vorhandenen Kabel mit Spitzenkontakt auf den Minuspol. Wenn die beiden Taster rechts und links vom Minuspolanschluss nicht gedrückt wurden, musste das Instrument 1,5 Volt anzeigen. Wurde die Taste 2 rechts gedrückt und die Spannung fiel unter 0,8 V, musste das Element ausgetauscht werden, also eine echte Belastungsprobe.
Auch Strommessungen an Telegr.-Apparaten und weiteren Einrichtungen konnten in drei Bereichen durchgeführt werden, sofern aufgrund des Innenwiderstands von 500 Ohm des Wzav mindestens 3 V zur Verfügung standen: Bis 6 mA bei offenen Tasten 1 und 2, bis 30 mA bei gedrückter Taste 1 und bis 300 mA bei gedrückter Taste 2.
Und da der Wzav den Skalennullpunkt in der Mitte hatte konnte man auch den Pluspol des Elements suchen. Beim Ausschlag nach rechts hatte man den Pluspol mit der unteren Spitze gefunden, nach links also zwangsläufig den Minuspol.
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Text: Manfred Vogel und Wolfgang Dünkel, beide TMK
Bilder Wolfgang Dünkel, TMK
(last update 14.08.2023)
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