G 184/24 – Ölarmer Strömungsschalter der AEG

Hebelbetätigter Ölarmer Strömungsschalter für eine Bemessungsspannung von 24 kV und eine Bemessungs-Ausschaltleistung von 300 MVA für den Festeinbau in eine Schaltanlage

Ölarme Strömungsschalter sind – wie bei unserem ca. 120 Jahre alten Exemplar erläutert – aus den Ölkesselschalter her-vorgegangen, nachdem einerseits deren Verfahrensweise durch gerichtete Ölströmung beim Ausschaltvorgang immer weiter verbessert wurde, andererseits aber aufgrund steigender Spannungen und Abschaltleistungen bei Kurzschlüssen die Ölmengen und Abmessungen derart rasant anstiegen sowie Schalterversagen mit daraus folgenden Explosionen und Anlagenschäden auftraten, dass nach anderen Löschmethoden für den Ausschalt-Lichtbogen gesucht wurde, auch gesucht werden musste wie andere Leistungsschalterkonstruktionen hier im TMK darstellen.

Beim Ölarmen Strömungsschalter ist das Öl im Unterschied zu den Ölkesselschaltern nur Löschmittel für den beim Ausschaltvorgang entstehenden Lichtbogen und kein Isoliermittel, daher auch nur in geringer Menge vorhanden. Der Löschvorgang spielt sich in den Schaltkammern ab, deren Isolierung gegen Erde Stützer übernehmen, hergestellt aus Keramik oder Epoxidharz. Die Aufgabe der Schaltkammer besteht in der intensiven Kühlung des Lichtbogens durch die Zuführung von Öl, welches verdampft und somit dem Lichtbogen Energie entzieht. Darüber hinaus soll sie beim Nulldurchgang des Stromes die Ladungsträger soweit entfernen, dass die wiederkehrende Spannung die Schaltstrecke nicht erneut zu durchschlagen vermag. Diese Rückzündung des Lichtbogens wird durch eine starke, auf den Lichtbogen gerichtete Ölströmung verhindert und dies bei unserem Exponat mit der geringen Menge von 0,8 Liter je Schalterpol.

Ölarme Strömungsschalter schaffen sich die Löschmittelströmung durch die Lichtbogenenergie selbst. Der Lichtbogen erzeugt durch Verdampfen von Öl eine Gasblase, deren potentielle Energie in kinetische umgewandelt wird, indem sie als Ölströmung in Kanäle geleitet wird.

Bei kleineren Kurzschlussleistungen bis etwa 100 MVA wird eine starre Löschkammer verwendet. Sie ist so ausgebildet, dass zu Beginn des Ausschaltvorganges unter Ausnutzung des Gasdrucks eine Querbeströmung  und, falls diese den Strom nicht unterbricht, eine Axialbeströmung des Lichtbogens stattfindet. Bei kleineren Strömen wird durch den Lichtbogen auch weniger Öl verdampft und somit auch weniger Druck erzeugt.

Bei größeren Ausschaltleistungen wird die rechts/oben abgebildete Differentialkolbenkammer im Ölarmen Strömungsschalter verwendet. Es würde hier zu weit führen, diese Bild detailliert zu beschreiben, soll aber dennoch verdeutlichen, dass sowohl ein Druck- wie ein Ausdehnungsraum (6 bzw. 1), ein Tulpenkontakt und ein Differentialkolben (7 bzw. 8), ein Schaltstift 14, diverse Bohrungen und Kolbenflächen usw. usw. vorhanden sind, solider Maschinenbau also und wenig Elektrotechnik. Keine Frage, Nicht-Techniker – gleich ob Maschinenbauer oder Elektrotechniker – können hier sehr schnell ins Rotieren kommen. Machen Sie sich nichts draus, wir wollten Ihnen lediglich einmal unsere Welt darstellen. Besuchen Sie uns, dort wird es detaillierter erklärt.

Oben angebaut an den Ölarmen Strömungsschalter ist ein Trennschalter zur Abtrennung von der Schaltanlagen-Sammelschiene. Und dessen Bedeutung wollen wir Ihnen auch vermitteln:

  • Leistungsschalter wie dieses ölarme Exemplar können nicht nur den Abgang zu einem Verbraucher bzw. Erzeuger elektrischer Energie spannungslos schalten, auch nicht nur den Stromfluss zu diesen bzw. von diesen unterbinden.
  • Leistungsschalter können darüber hinaus auch wie die Schraubsicherung oder der Sicherungsautomat in der häuslichen Verteilung die wesentlich höheren Kurzschlussströme abschalten.
  • Leistungsschalter können aber in der Regel nicht – bis auf wenige, hier auch nicht ausgestellte und beschriebene Exemplare – die nach den VDE-Normen vorgeschriebene sichtbare Trennung der spannungsführenden Teile einer Schaltanlage von den nicht spannungsführenden Teilen er-möglichen, um daran gefahrlos arbeiten zu können.
  • Daher ist ein zusätzlicher Trennschalter erforderlich, der auch in der Version der Ausfahrtechnik wie bei der 20-kV-Schaltwagen-Anlage realisiert werden kann.
  • Trennschalter können aber weder normale Betriebsströme noch Kurzschlussströme ausschalten. Denn sie sind, früher nicht, heute aber in der Regel lediglich einschaltfest hinsichtlich bereits bestehender Kurzschlüsse wie beispielsweise bewusst vorgenommener Erdungen und Kurzschlüsse an Anlagenteilen, um für den Menschen gefahrlos daran arbeiten zu können.

Wenn sie aber durch fehlerhafte Bedienung oder Steuerung solche Ströme ausschalten müssten, würde ein – wie das Video gleich nebenan zeigt – erheblicher Lichtbogen entstehen, der schwerste Schäden verursachen könnte. Daher muss für deren Betrieb sichergestellt sein, dass Ausschaltungen nur dann möglich sind, wenn der zugehörige Leistungsschalter auch ausgeschaltet ist. Dies erfolgt entweder durch eine mechanische – wie bei dem hier beschriebenen Exemplar aus Kassel oder dem einige Meter weiter ausgestellten Exemplar eines Lasttrennschalters – oder eine elektrische Verriegelung.

Text u. Bild: Wolfgang Dünkel, TMK

Quellen: auszugsweise Wiedergabe aus den Vereinszeitschriften 1- u. 2-2018 "technik nordhessen" der techn.-wissenschaftl. Vereine (u. a. VDE Kassel und TMK, gleicher Mitverfasser), AEG Sonderdruck zur Vorstellung "Preßluftschalter" (Berlin, 1929), AEG Mitteilungen, 47. Jahrgang, Hochspannungs-Schaltgeräte (Berlin, 7/8-1957), AEG Mitteilungen, 51. Jahrgang, Hochspannungs-Schaltgeräte u. Anlagen (Berlin, 9/10-1961), AEG Mitteilungen, 57. Jahrgang, 40 Jahre Druckgasschaltertechnik (Berlin, 7-1967)

(last update 07.03.2021)

 

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