Modell Preußische S1
Die Preußische S 1 war eine Dampflokomotive der preußischen Staatsbahn und gehörte zu den frühen Schnellzuglokomotiven, die ab dem späten 19. Jahrhundert für den schnellen Zugverkehr entwickelt wurden. Sie war eine der ersten modernen Lokomotiven der Preußischen Staatseisenbahnen in Verbundausführung und hatte einen großen Einfluss auf die Entwicklung der Dampflokomotiven der folgenden Jahrzehnte.
Die Preußische S1 wurde in drei verschiedenen Bauarten ausgeführt: als sogenannter Durchbrenner, als Normalbauart sowie als Verbundausführung der Bauart Hannover. Die besonderen Merkmale dieser Bauart liegen zum einen in der Verbundtechnik. Diese Entwicklung war eine Antwort auf die Herausforderungen der Effizienzsteigerung und der Betriebskostenreduktion im Dampflokomotivbau des 19. Jahrhunderts. Dabei besaßen die Loks zwei Zylinder: Ein Hochdruckzylinder nutzte den frischen Dampf aus dem Kessel und der Niederdruckzylinder verwendete den bereits expandierten Dampf aus dem Hochdruckzylinder, wodurch eine effizientere Nutzung des Dampfs möglich war und folglich eine Reduzierung des Brennstoffverbrauchs um 15 bis 20 % im Vergleich zu herkömmlichen Zwillingslokomotiven. Zum anderen wurden die einzelnen Komponenten durch die Verteilung der Belastung auf zwei Zylinder mit unterschiedlichem Druckniveau weniger beansprucht, sodass der Verschleiß geringer war und somit die Lebensdauer der Lokomotiven erhöht werden konnte. Die beiden Zylinder waren zwischen den festem Rahmenachse und der ersten Kuppelachse angeordnet, was wiederum die zweite Kuppelachse antrieb. Diese Achsanordnung verlieh der Lokomotive einen sehr ruhigen und gleichmäßigen Lauf. Diese Bauweise wird mit 1B n2v abgekürzt. Trotz dieser Vorteile war die Konstruktion sehr komplex und anspruchsvoll in der Fertigung und Wartung. Zudem bestanden durch die begrenzte Leistung der Lokomotiven Schwierigkeiten beim Anfahren und bei niedrig gefahrenen Geschwindigkeiten, um die dafür notwendige Leistung zu entwickeln. Somit konnte die S1 beispielsweise nicht für Rangier- oder Streckendienste eingesetzt werden. Ihre Höchstgeschwindigkeit lag bei 90 km/h.
Die Bauart Hannover wurde ab 1884 ausgeliefert und hauptsächlich in der Direktion Hannover eingesetzt. Dort führten sie leichte Züge und standen etwa 30 Jahre lang in Dienst. Die Firmen Hanomag in Hannover und Henschel in Kassel bauten bis 1887 14 Exemplare der Preußischen S1 in Verbundausführung, Bauart Hannover. Die letzte Lokomotive wurde 1922 Außerdienst gestellt.
Obwohl sie für den Schnellzugdienst entwickelt worden war, wurde sie später aufgrund ihrer geringen und begrenzten Leistung auch im Personenzugverkehr eingesetzt. Leistungsstärkeren Nachfolger waren beispielsweise die preußischen Schnellzuglokomotiven S7, Bauart Grafenstaden, und S9 sowie die Personenzuglok P8, die sich an der Konstruktion der preußischen S1 orientierten und ebenfalls unter anderem bei Henschel in Kassel gebaut wurden. Zusammenfassend war die preußische S1 in Verbundausführung der Bauart Hannover ein Schritt Richtung moderner, effizienter Dampftechnologie, die mit ihren frühen Innovationen wichtige Erkenntnisse im Bereich der Verbundtechnik lieferte.
Weitere technische Informationen:
Spurweite |
1435 mm |
Treibraddurchmesser |
1960 mm |
Laufraddurchmesser |
1150 mm |
Länge über Puffer |
14,892 m |
Kesselüberdruck |
12 bar |
Tender |
3 T 12 |
Fassungsvermögen Tender |
12 m³ Wasser |
Dienstmasse |
38,0 t |
Alexander Flachsbart (1872-1945) baute dieses Modell der Preußischen S1 um 1890 in seiner Freizeit.
Private Leihgabe von Wolfgang A. Westhofen (Eigentümer)
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