Leitungsschutzschalter im Niederspannungsnetz

Während die 230-V-Steckdose und der Lichtschalter in den Räumen der Privatwohnung den Bewohnern sicherlich bestens bekannt sind, weil sie täglich mehrfach benutzt bzw. betätigt werden, ist der Leitungsschutzschalter vielen Menschen unter dieser Bezeichnung ein Stück weit unbekannter. Eher kennen sie ihn unter dem umgangssprachlichen Begriff "Sicherungsautomat" und suchen mitunter auch seinen Einbauort, wenn eine Steckdose ein angeschlossenes Gerät nicht mehr mit Strom versorgt oder eine Lampe nicht leuchtet. Aufgabe der Leitungsschutzschalter ist auch nicht der direkte Personen-, sondern der Leitungsschutz gegen zu starke Erwärmung durch zu hohe Ströme und damit sind sie auch ein Schutzgerät zur Minderung der Brandgefahr in Wohnung und Haus.

Wo sind die Leitungsschutzschalter oder – weit verbreitet – auch "Sicherungsautomat" genannten Geräte nun zu finden? Warum werden sie überhaupt mit dem Zusatzbegriff "Automat" benannt? Wie funktionieren sie im Detail? Diese Fragen wollen wir hier in aller Kürze beantworten und laden Sie herzlich ein, uns im TMK zu besuchen um bei einer Führung zahlreiche weitere Details kennenzulernen:

  • Selbstverständlich finden Sie die Leitungsschutzschalter nicht außerhalb der Wohnung neben der Eingangstür, hinter einem Vorhang des Wohnzimmers oder gar im Bad neben einem Waschbecken oder einer Dusche, sondern unmittelbar zugänglich in einer normgerechten Verteilung der Miet- oder Eigentums-Wohnung z. B. im Flur, in einem Hauswirtschaftsraum, vielleicht auch getrennt nach Stockwerken des eigenen Hauses oder zentral im Kellergeschoss. Dort sind sie auch nicht allein, sondern je nach Ausstattung der Wohnung oder des Hauses mit zahlreichen weiteren gleichen Geräten, ggf. in mehreren Zeilen neben- und übereinander angeordnet, den einzelnen Stromkreisen in Küche, Bad, Wohnzimmer usw. zugeordnet.

In einer Hauptverteilung sind hier normgerecht zwölf Leitungsschutzschalter mit einem Bemessungsstrom von 16 A und der Auslösecharakteristik B in einer Zeile für den üblichen Hausgebrauch untergebracht und durch die drei vorangehenden Bezeichnungen 12, 13 und 14 vor dem Buchstaben F (für "fuse" = Sicherung") und den laufenden Nummern 3 7 usw. unterschiedlichen vorgeordneten Hauptstromkreisen zugeordnet 

  • Ursprünglich gab es zum Schutz der Installation nur Schmelzsicherungen. Diese ließen in ihrem Inneren aus Glas oder Porzellan bei Überlastung einen Schmelzdraht "durchbrennen". Der hierbei entstehende kleine Flammenbogen wurde je nach Größe und Sicherungsauslegung entweder durch die umgebende Luft im Glasröhrchen oder durch den umgebenden mineralischen Sand mit feiner Körnung im Porzellan gelöscht und die defekte Schmelzsicherung musste nach Untersuchung und Beseitigung der Fehlerursache ausgetauscht werden. Diese Sicherungen gibt es auch heute noch, z. B. als Hauptsicherung im Hausanschlusskasten des Netzbetreibers oder als Vorsicherung für Leitungsschutzschalter bei hohen zu erwartenden Kurzschlussströmen. Und so funktionieren auch die im TMK ausgestellten Hochspannungs-Hochleistungs-Sicherungen bei Kurzschlüssen im Mittelspannungsnetz mit 6 – 30 kV heute noch. Hugo Stotz, Erfinder und Gründer von Unternehmen für elektrotechnische Geräte in Mannheim, ließ in seinem vor gut 100 Jahren an BBC (heute ABB) verkauften Unternehmen einen "Sicherungsautomaten" entwickeln, der mit der Aussage angepriesen wurde: "Ein Auswechseln wie bei der Schmelzsicherung mit den damit verbundenen Kosten, Unannehmlichkeiten und Betriebsstörungen wird vermieden".

       

  • Und wie sie im Detail funktionieren soll die obige Grafik mit Text erläutern. Ein Schaltkontakt, betätigt durch den grauen Hebel im Bild ganz oben links, gibt nach der Zuschaltung die Spannung über die rechte Anschlussklemme L dem Verbraucher frei, hier z. B. eine Waschmaschine, und lässt diese neben der motorischen Trommelbewegung auch das Wasser aufheizen.
  • So weit, so gut! Was aber, wenn an dem gleichen Stromkreis mit einer veralteten Absicherung von nur 10 A für gemischte Steckdosen- und Lichtstromkreise – weil in diesem vor vielen Jahren gebauten Haus mit einer Leitungsverlegung von lediglich 1,5 qmm Querschnitt keine fachgerechte Modernisierung für Steckdosenstromkreise vorgenommen wurde – zusätzlich im Nebenraum auch noch eine kleine Sauna mit 2.000 Watt steht und diese gleichzeitig eingeschaltet wurde? Zusammen ergibt das eine Heizleistung von 4.000 Watt, verursacht also bei gleichzeitiger Aufheizung der Waschmaschine und der Sauna einen Strom von mehr als 17 A. Das ist für einen "Sicherungsautomaten" mit einem Bemessungsstrom (früher Nennstrom genannt) von 10 A deutlich zu viel, der Bimetallstreifen 4 (im Bild unten und in grüner Schrift in der Grafik oben erläutert) wird heiß, biegt sich nach oben und schaltet über den Eisenkern (grau gezeichnet) in der Magnetspule 3 (im Bild unten und in blauer Schrift in der Grafik oben erläutert) wegen zu hoher Stromstärke nach einigen Minuten beide Verbraucher ab: Die Wäsche wird nicht gewaschen, das Saunavergnügen fällt aus und die Brandgefahr ist gebannt!

Vielleicht ist aber die Waschmaschine auch schon "sehr in die Jahre gekommen" und es hat sich in ihr nach dem Einschalten ein Kurzschluss ereignet. Unter Kurzschluss versteht der Elektrotechniker eine direkte oder zumindest annähernd direkte Verbindung der Spannung führenden Leitung L mit dem Neutralleiter N, also eine sehr "niederohmige" Verbindung, die einen sehr hohen Strom zur Folge hat und den Eisenkern innerhalb der Magnetspule 3 (im Bild oben) so anzieht, dass dieser den Schaltkontakt 1 über dessen Federvorspannung im Freiauslösungsmechanismus 6 öffnet. Freiauslösung bedeutet, dass auch ein manuelles Festhalten des Hebels 7 im Kurzschluss- oder Überlastfall die Ausschaltung nicht verhindert, der Leitungsschutzschalter also allein durch seinen inneren Aufbau Schlimmeres verhütet.

Wenn Sie noch weitere Informationen zu Leitungsschutzschaltern benötigen, z. B. zu deren Auslösecharakteristik bei unterschiedlichen Anwendungsfällen wie Haushaltsgeräten oder Motoren, kommen Sie ins TMK und schauen sich unsere selbst bedienbaren Präsentationen an!

Grafik: Helmut Lotz, TMK

Text und Bilder: Wolfgang Dünkel, TMK

(last update 15.09.2022)

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