Tragkraftspritze TS 8/8 Koebe
Die Tragkraftspritze TS 8/8 wurde zwischen 1945 und 1948 von der Feuerlöschgerätefabrik Hermann Koebe in Luckenwalde hergestellt. Das genaue Baujahr ist nicht bekannt, lässt sich aber über die Motornummer eingrenzen.
Das 1865 von Hermann Koebe I gegründete Unternehmen war einer der globale Player im Feuerlöschgerätebau bis zum Zweiten Weltkrieg. Mit dem Stammwerk in Luckenwalde und einem Zweigwerk in Bad Oeynhausen belieferten sie Feuerwehren auf allen Kontinenten. Das Werk in Bad Oeynhausen wurde gegen Ende des 2. Weltkrieges völlig zerbombt und nicht wieder aufgebaut. Das Werk in Luckenwalde wurde 1948 in einen VEB Feuerlöschgeräte umgewandelt. Nach der Wende und vielen Streitereien um das Eigentum, dass Hermann Koebe III vorenthalten wurde, hatte das Unternehmen den Anschluss an den Markt verpasst, ging in Insolvenz und wurde aufgelöst.
In der Bezeichnung Tragkraftspritze ist der Wortteil „kraft“ enthalten, was für den Antrieb steht. Kraft brauchten aber auch die Feuerwehrleute, wenn sie die Pumpe zur Einsatzstelle tragen mussten, da Tragkraftspritzen in dieser Leistungsklasse zwischen 150-200 kg wiegen. Diese TS 8/8 hat ein Leergewicht von 158 kg.
1935 stellte DKW den Stationärmotor ZW 1101 vor, der die schwächeren P600/6 und ZW1100 ablöste. Alle diese Motoren waren wassergekühlte 2-Zyinder 2-Takt-Motoren. Das Kühlwasser wurde beim Betrieb, über einen Bypass an der Pumpe, um den Motorblock geleitet. (Blaue Leitungen auf der folgenden Abbildung)
Die Leistung von 20,6 kW (28 PS) wurden aus 2-Zylindern mit einem Hubraum von 1100 cm³ bei 3000 U/min. erreicht. Dabei beträgt der Drehmoment 62,12 Nm. Bei 3500 U/min., setzt ein Drehzahlbegrenzer ein, um den Motor nicht zu überdrehen.
Alle Pumpen mit diesen Motoren sind mit einen Reversierstarter ausgestattet. Dies ist ein langer Hebel mit einer Verzahnung, der heckseitig am Motorblock angebracht ist. Die halbkreisförmig angeordneten Zähne des Hebels greifen in ein Ritzel und versetzen bei Betätigung die Kurbelwelle in Rotation. Bei anderen Tragkraftspritzen übernahm das eine Kurbel, die bei unsachgemäßer Handhabung dem Maschinisten den Daumen brechen konnte. Dies geschah, wenn der Motor bei zu wenig Schwung zurückschlug, da die Zündung erfolgte, bevor der obere Totpunkt überschritten wurde. Später konnte man Tragkraftspritzen auch mit E-Starter erwerben, was heute Standardausstattung ist.
Die verbaute Kreiselpumpe ist eine Strömungsmaschine zur Energieerhöhung mittels eines rotierenden Laufrads. Flüssigkeit, die in die Pumpe gerät, wird vom rotierenden Pumpenrad mitgerissen und auf eine Kreisbahn gezwungen. Auf dieser Bahn treibt der durch Fliehkraft aufgebaute Druck die Flüssigkeit radial nach außen, wo sie durch den Ausgang abfließt. Diese Arbeitsweise heißt hydrodynamisches Förderprinzip. Der Förderdruck wird durch zwei dicht hintereinanderliegenden Druckstufen erzeugt. Das Pumpengehäuse und das Laufrad bilden eine Einheit – eine Druckstufe. Das Wasser wird in der ersten Druckstufe mit einem Teildruck versehen und in die zweite Druckstufe geleitet. Diese zweite Stufe erhöht den Teildruck auf den Ausgangsdruck. Beide Laufräder arbeiten auf einer Antriebswelle mit derselben Drehzahl.
Das kann aber nur funktionieren, wenn am Pumpenrad Wasser anliegt. Bei der Löschwasserentnahme aus einem Hydranten erledigt das der anliegende Wasserdruck. Bei der Wasserentnahme aus einem offenen Gewässer funktioniert das nicht. Hier müssen Saugschlauch und Pumpe entlüftet werden. Dazu ist es nötig, den Luftdruck in der Saugeinrichtung so weit zu minimieren, bis der atmosphärische Druck das Wasser zur Pumpe drückt. Moderne Pumpen verfügen über eine automatische Entlüftung, während bei dem hier gezeigten Modell der Maschinist einen Gasstrahler bedient, der für den nötigen Unterdruck sorgt.
Nachdem der Motor gestartet wurde, wird per Hebel über eine Lamellenkupplung die Pumpe eingekuppelt und auf Drehzahl gebracht. Nun wird der Hebel des Gasstrahlers auf Saugen gestellt. Dabei wird am 1. Zylinder des Motors die Zündung abgestellt, und der Ansaugtrakt dieses Zylinders saugt über eine Injektor-Düse die Luft aus der Saugvorrichtung. Ist der Unterdruck ausreichend, erfolgt eine erneute Umschaltung des Motors auf Pumpen und der Zylinder arbeitet wieder als Verbrenner. Das der Unterdruck ausreichend für die Umschaltung ist, bekommt der Maschinist über ein Manometer angezeigt.
Neben dem Unterdruck / Überdruckmanometer, das den anliegenden Wasserdruck anzeigt, verfügt die Pumpe über ein zweites Manometer zum Anzeigen des Ausgangsdrucks.
Nach dem Gebrauch wird das Restwasser aus dem Pumpengehäuse abgelassen.
Das Exponat wurde dem TMK vom Feuerwehrverein Kassel überlassen. Ob und wo die Pumpe im Einsatz war, ist nicht bekannt. Es ist davon auszugehen, dass sie zu den Geräten gehörte, die nach den großen Materialverlusten im 2. Weltkrieg als Ersatz beschafft wurde.
Das Technik-Museum in Kassel verfügt derzeit über vier Tragkraftspritzen. Neben der vorgestellten existieren eine TS 2/5 von der Firma Ziegler mit einem Ilo-Motor, eine TS 4/600, ebenfalls von der Firma Koebe mit einem DKW-Motor P6-600 und eine TS 8/8 vom österreichischen Hersteller Rosenbauer mit einem VW-Käfer Motor. Diese Pumpen werden zu einem späteren Zeitpunkt vorgestellt.
Hier finden Sie eine verlinkte Auflistung unserer seit Oktober 2020 vorgestellten Objekte des Monats.
Quellen:
Literatur: Feuerwehrfahrzeuge Werner Oswald, Motorbuch Verlag
Internet: Wikipedia Feuerlöschpumpen, aufgerufen 08/2024, https://www.dkw-autounion.de, www.tragkraftspritzen-ig.de, https://www.maz-online.de/lokales/teltow-flaeming/luckenwalde/koebe-fabrik-vor-140-jahren-gegruendet