Spaltpolmotor für kleine Antriebe

Er arbeitet im Verborgenen, ist nicht zu sehen, auch nicht zu hören. Sollte man etwas hören, ist dies nicht der Spaltpolmotor, sondern seine "Dienstleistung" als Luftstrom eines Kühl-/Heizlüfters, Kühlung des Magnetrons im Mikrowellengerät oder Backofens in der Küche, eventuell auch der Lampe im Diaprojektor oder Beamer. Die Entleerungspumpe für Waschlauge und Spülwasser in einer Waschmaschine oder des kondensierten Wasserdampfs in einem Kondens-Wäschetrockner, heutzutage des Wärmepumpen-Trockners werden von ihm angetrieben, früher auch der preiswerte Plattenspieler.

Wie entstand er, wer hat ihn erfunden? Das ist eine lange Geschichte und begann – wie so vieles im Leben – mit Fehlern, Irrtümern und und auch einfach Nicht-Erkenntnissen, vielleicht auch mangelndem Fachwissen. Wenn Sie dazu mehr wissen wollen laden wir Sie herzlich ein unser Museum zu besuchen, sich das Exemplar anzuschauen und einen am Objekt angebrachten QR-Code zum kostenfreien Download von Detailinformationen zu nutzen. Bei weitergehendem Interesse können Sie auch eine Führung zur Elektrischen Energietechnik bestellen und dann mit uns über Elektrische  Antriebstechnik diskutieren.  

Wie beim Drehstrom-Asynchronmotor handelt es sich auch beim Spaltpolmotor um eine mit Wechselstrom betriebene Maschine, allerdings nur für einphasigen Strom. Wie die meistgebaute Version des Drehstrommotors hat auch dieser einen Kurzschlussläufer als Rotor. Der Stator ist aus einem Dynamoblechpaket mit – in einfachster Ausführung – zwei ausgeprägten, um 180° versetzten Polen aufgebaut, welche ihrerseits in einen Haupt- und einen Spaltpol aufgeteilt sind.

Die Statorwicklung liegt, wie im Foto zu erkennen ist, auf einem isolierenden Spulenkörper, der zumeist das hintere Statorjoch umschließt, auch – ggf. aufgeteilt – den Polschaft umschließen kann. Da aber bei einphasigem Wechselstrom nur ein feststehendes Magnetfeld auf den Rotor wirkt, bei dem lediglich Nord- u. Südpol bei 50 Hz alle zehn Millisekunden (0,01 s) miteinander vertauscht werden, entsteht daraus noch kein sich drehendes Feld, welches den Rotor durch Induktion und in ihm daraus folgendem Kurzschlussstrom mit Entstehung einer Drehkraft mitnimmt.

   

Daher hat der Motor – in diesem Beispiel – die beiden gespaltenen Pole, von denen der in Drehrichtung betrachtete kleinere Spaltpol die dem größeren Hauptpol folgende Position einnimmt (s. Grafik rechts, *1). Das vom Strom in der Statorwicklung erzeugte Magnetfeld Φ (griech. Phi) teilt sich durch den Spalt in den beiden Polen in das den Rotor induzierende Hauptfeld ΦH und das Spaltpolfeld ΦS. Die um die Spaltpole gelegten Kurzschlusswindungen lassen als Induktivität in ihnen einen nacheilenden Strom IS entstehen.

Dieser Kurzschlussstrom IS wiederum verursacht wie bei jeder durch Strom durchflossenen Spule durch Selbstinduktion im Stator einen gegenüber dem Hauptfeld nacheilenden Magnetfluss Φ´S und somit ein – über eine Rotorumdrehung gesehen – elliptisches Drehmoment aus zwei zwar ungleich großen, aber zeitlich verschobenen Magnetflüssen, welche den Rotor mitnehmen. Der Motor bildet also durch Selbstinduktion der Kurzschlusswindungen in den beiden Spaltpolen seine Hilfsphase zur Drehmomenterzeugung im Rotor selbst. Das entstandene elliptische Drehfeld ist qualitativ gesehen eher schlecht und kann je nach Motorauslegung bei der Rotormitnahme auch Geräusche verursachen.

   

Eine etwas weniger elliptische Form des Drehfelds kann erreicht werden, indem die Spaltpole zweigeteilt mit getrennten, dennoch verbundenen Kurzschlusswindungen und hochgesättigten Streustegen zur Erhöhung der Spaltpolfelder ausgeführt werden. Eine Spaltpol-Zweiteilung ist sowohl bei unserem zerlegten als auch dem lauffähig vorführbaren Exemplar zu erkennen. Dies erhöht zwar geringfügig die Fertigungskosten, senkt durch die Verluste in den Kurzschlusswindungen erneut den ohnehin schon extrem geringen Wirkungsgrad, trägt aber auch zu einem ruhigeren Lauf bei.

Durch eine – mittels Versuchen zu erprobende – Anordnung von Sättigungszonen, die im Spaltpolmotor in den Streustegen auftreten (s. Bild links bzw. oben), durch den praktisch immer eingesetzten zweiten Spaltpol nach dem Hauptpol und durch einen zu den Polspitzen hin größer werdenden Luftspalt kann eine der Sinusform ähnliche Feldverteilung und damit ein Verlauf der Drehmoment-Drehzahl-Kennlinie ohne tiefes Sattelmoment annähernd erreicht werden. Auch das erläutern wir Ihnen gern im Museum.


Die Drehrichtung ist immer in Richtung des dem jeweiligen Hauptpol nachfolgenden Spaltpols, wie oben dargestellt also linksdrehend. Eine Drehrichtungsumkehr ist nur mit einem auf der anderen Seite des Hauptpols liegenden zweiten Spaltpol möglich und erfordert eine Auftrennung der für die jeweilige Drehrichtung nicht benötigten Kurzschlusswicklung um den Spaltpol durch Relais. Dies bedingt mehr Volumen durch die mindestens zwei zusätzlichen Spaltpole, erfordert die beiden Relais und eine Ansteuerung, ist also deutlich kostenaufwendiger und daher seltener.

Der Rotor ist wie beim Drehstrom-Asynchronmotor in Version Kurzschlussläufer ebenfalls als Käfigläufer aufgebaut und hat bei lauffähigem wie zerlegtem Exemplar verschränkt eingegossene Aluminiumstäbe. Dass der Rotor geblecht ist und nicht aus massiver Trommel besteht, kann zweifelsfrei nur mit Beschädigung erkannt werden, die Verschränkung weist aber darauf hin.

Langsam laufende Spaltpolmotoren werden, damit sie eine entsprechend niedrige Drehzahl haben, meist als Außenläufer gebaut, denn nur dann können die erforderlichen Pole, z. B. zehn für eine Synchrondrehzahl von 600 min-1 oder 16 Pole für 375 min-1 platzsparend untergebracht werden. Die Bemessungsdrehzahl, also die Synchrondrehzahl abzüglich des Schlupfes liegt dann ebenso deutlich darunter. Mit innenliegendem Rotor gleichen Durchmessers wäre das, wie anhand der bisherigen Abbildungen leicht zu erkennen ist, nicht möglich. Ob der Außenläufer-Motor in unserem zuletzt vorgestellten "Objekt des Monats", dem "Mechanikum" im Oktober 2023, ein langsam laufender Spaltpolmotor ist, könnte nur durch dessen Ausbau geklärt werden.

Text und Bilder: Wolfgang Dünkel, TMK

(last update 30.11.2023) 

Hier finden Sie eine verlinkte Auflistung unserer seit Oktober 2020 vorgestellten Objekte des Monats. 

-------------------------------------------------------

Grafikquelle:

*1Schema Spaltpolmotor, https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/a/aa/Spaltpolmotor_1.png, Herbertweidner, Public domain, via Wikimedia Commons, gemeinfrei, bearbeitet durch Wolfgang Dünkel, TMK

Kontakt

Technik-Museum Kassel Betreiber gGmbH
Wolfhager Str. 109
34127 Kassel
0561-86190400
museum@tmk-kassel.de

Unsere Öffnungszeiten

Mi - Fr  13 - 17 Uhr
Sa & So 11 - 17 Uhr

Unsere Ausstellungshalle ist nicht geheizt, im Winterhalbjahr bitte entsprechend kleiden.

An folgenden Feiertagen ist das Technik-Museum von 11:00 bis 17:00 Uhr geöffnet:

Karfreitag, Ostersonntag, 1. Mai Tag der Arbeit, Christi Himmelfahrt, Pfingst-Sonntag, Fronleichnam und Tag der Deutschen Einheit.